Konsensuspapier: Praktischer Einsatz von Opicapon im klinischen Alltag
Einleitung: L-Dopa und COMT-Hemmung
L-Dopa ist eine aromatische Aminosäure, deren Pharmakokinetik von einer kurzen Eliminations-Halbwertszeit (t1/2) von ca. 90 Minuten gekennzeichnet ist. Der Metabolismus von L-Dopa nach oraler Zufuhr erfolgt zum größten Teil über die enzymatische Decarboxylierung durch die in der gastrointestinalen Mukosa und Leber reich exprimierte Aromatische-Aminosäuren-Decarboxylase (AADC) zu Dopamin, welches seinerseits durch die Aktivität der Enzyme Monoamin-Oxidase (MAO) und Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) zu seinen Hauptmetaboliten Dihydroxy-Phenylacetat (DOPAC) und Homovanillin-Mandelsäure (HVA) umgewandelt wird. Nur ein geringer Anteil des oral aufgenommenen L-Dopa wird erst in der Leber über Einwirkung der COMT zu 3-O-Methyldopa (3-OMD) metabolisiert (siehe Abbildung 1).
Die in der klinischen Praxis übliche Behandlung mit einer Kombination aus L-Dopa und peripher wirksamen Hemmstoffen der AADC (Benserazid oder Carbidopa) führt zu einer ca. 50 %-igen Reduktion der L-Dopa-Elimination und entsprechenden Erhöhung der Bioverfügbarkeit ohne wesentliche Effekte auf die Halbwertszeit. Die AADC-Hemmung führt allerdings auch zu einer Verschiebung des enzymatischen L-Dopa-Abbaus in der Leber, der nun hauptsächlich über den COMT-Weg erfolgt (siehe Abbildung 1). Hierdurch kommt es unter kombinierter L-Dopa/AADC-Hemmer Therapie zu einem signifikanten Anstieg der Plasma-Konzentrationen von 3-OMD, die aufgrund der langen t1/2 von 3-OMD von 12 Stunden wesentlich länger persisitieren als die L-Dopa Konzentrationen (siehe Abbildung 2).
Die Entdeckung eines enzymatischen Abbauweges von Katecholaminen durch O-Methylation geht auf den amerikanischen Neurochemiker Julius Axelrod zurück, der Ende der 1950-iger Jahre das verantwortliche Enzym aus der Leber der Ratte isolierte und später als ‚Catechol-O-Methyltransferase‘ (COMT) bezeichnete. Für seine Beiträge zur Erforschung von Neurotransmittern und der Mechanismen ihrer Speicherung, Freisetzung und Inaktivierung erhielt Axelrod 1970 zusammen mit von Euler und Katz den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
Die frühen Versuche, mittels Hemmung der COMT die Konzentrationen von katecholaminergen Neurotransmittern wie Dopamin oder Noradrenalin zu therapeutischen Zwecken zu erhöhen, scheiterten aufgrund der zu geringen Spezifität und Verträglichkeit der ersten Generation von COMT-Hemmern. Es sollte weitere 40 Jahre dauern, bis mit Tolcapon und Entacapon die zweite Generation der COMT-Hemmer den Weg in die klinische Anwendung bei der Parkinson-Krankheit eröffnete. Die präklinischen und Phase 1-Studien mit Tolcapon hatten die erwartete Reduktion der 3-OMD Konzentration nach Ko-Administration mit L-Dopa gezeigt, verbunden mit einer Verdoppelung der Bioverfügbarkeit von L-Dopa und einer Verlängerung der L-Dopa Halbwertszeit von 1,4 auf 2,3 Stunden, während die entsprechenden Effekte von Entacapon etwas geringer ausgeprägt waren mit ca. 50 %-iger Zunahme der L-Dopa Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit (5, 6). Opicapon als COMT-Hemmer der 3. Generation hat ähnlich ausgeprägte Effekte auf die L-Dopa Pharmakokinetik wie Tolcapon.
Alle 3 COMT-Hemmer zeigten in jeweils mehreren Plazebo-kontrollierten, randomisierten Studien bei mit L-Dopa behandelten Parkinson-Patient*innen mit Wirkungs-Fluktuationen eine Abnahme der täglichen OFF-Zeit und korrespondierende Zunahme der ON-Zeit und wurden zwischen 1997 und 2016 in dieser Behandlungsindikation zugelassen.
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